Arnstadt | 28. Juli 2020
Die Zeitungslektüre gehört für das Ehepaar Hesse zum Frühstück mit dazu. An jenem Morgen im Herbst sollte Margaretha Hesse über einen Artikel stoßen, der sich endlich als das lange gesuchte Puzzleteil für ihren Weg aus dem Schmerz herausstellte. „Da sprach ein Arzt über das Beckenvenensyndrom“, erinnert sich Margaretha Hesse heute lächelnd. „Ich erkannte mich darin wieder, alles passte, die beschriebenen Schmerzen, die vielen Arztbesuche, die jahrelange Suche nach einem Grund für meine Beschwerden.“ Ilhami Benli ist der Arzt, der in diesem Artikel über diese besondere Form der Krampfadern aufklärte. „Schmerzen im Unterleib kennen viele Frauen, oft werden Veränderungen an den Eierstöcken, wie etwa Zysten, eine Blasen- oder Darmentzündung vermutet“, erklärt der Chefarzt der Klinik für Gefäßmedizin in den Ilm-Kreis-Kliniken. „Wenig bekannt hingegen ist das Beckenvenensyndrom. Dabei handelt es sich um eine gut versteckte Krampfader im Bauch, die bei etwa einem Drittel aller Frauen mit chronischen Unterleibsschmerzen als Ursache auszumachen ist“, so der Mediziner weiter. Er kennt den langen Leidensweg, den viele Frauen hinter sich haben. Bei Margaretha Hesse war dies nicht anders. Mehr als 30 Jahre litt sie unter Schmerzen im Unterleib, die sich bis in den Rücken zogen. Dennoch arbeitete die gelernte Erzieherin jahrelang in ihrem Beruf, übernahm für lange Zeit sogar die Leitung der Kindertageseinrichtung. Auch die Gartenarbeit, die ihr an sich viel Freude bereitet, konnte sie immer nur Schritt für Schritt erledigen. „Abends wusste ich manchmal nicht, wie ich mich noch hinsetzen oder legen soll, manchmal war mir schlecht vor Schmerzen“, beschreibt die Rentnerin ihre Situation. Die kurzfristige Linderung der Beschwerden mit Schmerzmittel war ebenfalls vergebens. Sie wirkten schlichtweg nicht. „Ich habe mir einfach nur gewünscht, dass jemand etwas finden möge, sicher, nichts Schlimmes, ich wollte einfach nur wissen, was mit mir los ist. “Die vielen Jahre der Schmerzen, die zahlreichen Untersuchungen und die Enttäuschungen, wenn wieder nichts gefunden wurde, zehrten an ihr. Dennoch fasste sie nach einigen Überlegungen den Entschluss, die lange Strecke vom heimischen Niederorschel bis in die Klinik in Arnstadt auf sich zu nehmen und sich auf das Beckenvenensyndrom untersuchen zu lassen. Wie bei den vielen Arztbesuchen zuvor, war auch dieses Mal ihr Mann mit an ihrer Seite. Im Februar bestätigte nach einem ausführlichen Gespräch und ersten bildgebenden Verfahren Ilhami Benli die vorsichtige Vermutung seiner Patientin. Eine weitere Untersuchung, bei der Kontrastmittel in die Gefäße gegeben werden, brachte die Gewissheit: ein Krampfader im kleinen Becken sorgte vermutlich seit Jahren für die Schmerzen. Ein Termin für den Eingriff war bereits vereinbart, doch die Corona-Pandemie durchkreuzten zunächst auch die Pläne von Margaretha Hesse. Ende Juni war es dann soweit. Bei dem Eingriff, der unter örtlicher Betäubung stattfand, führte Ilhami Benli einen Katheter in die Leiste seiner Patientin ein. Mit Hilfe eines Kontrastmittels können Bilder von der erweiterten Vene gemacht werden. „Wir sehen dann wie das Gefäß verläuft und setzen an bestimmten Stellen eine Art Metallspirale ein, die es Schritt für Schritt verschließt.“, beschreibt Chefarzt Ilhami Benli das Vorgehen. „Am Ende haben wir die Vene mit einer Art Kleber zusätzlich „abgedichtet.“ Ein letztes Röntgenbild am Ende der Operation bestätigte den gewünschten Effekt – das Gefäß ist nun vollständig verschlossen. Bereits einen Tag später kann Margaretha Hesse wieder nach Hause. Beim Abschlussgespräch schaut die 64-Jährige Ilhami Benli immer noch etwas ungläubig an. „Seien Sie mir nicht böse, ich kann es noch gar nicht glauben, dass der Schmerz nun wirklich weg sein soll“, erklärt sie sich lächelnd. Bereits am Abend, nachdem sich die Aufregung etwas gelegt hatte, spürte sie eine deutliche Erleichterung. „Was für ein glücklicher Zufall, dass es diesen Artikel gab“, sagt Margaretha Hesse dankbar und zeigt ihre Unterlagen. Ganz oben liegt der besagte Zeitungsausschnitt. Künftig beim Besuch der Kinder und Enkel einfach entspannt am Kaffeetisch sitzen zu können, ohne den Drang, sich aufgrund der Schmerzen bewegen zu müssen – darauf freut sich Margaretha Hesse sehr. Und auch das Werkeln im eigenen Garten ist nun endlich schmerzfrei möglich.